Bestandsbewertung nach der FIFO Methode: So funktioniert die Rechnung (mit Beispiel)

In diesem Beitrag zeige ich Dir an einem ganz konkreten Rechenbeispiel (mit Lösung in verschiedenen Schwierigkeitsstufen), wie das FIFO Verfahren (First in, first out) funktioniert und welche Besonderheiten Du bei der Berechnung beachten musst. Außerdem erkläre ich Dir, wozu man diese Methode überhaupt benötigt.

Wozu gibt es das FIFO-Verfahren?

Auf die FIFO-Methode wirst Du immer dann stoßen, wenn Du Dich mit den Themen Bilanz, Inventur und vor allem der Bewertung von Lagerbeständen beschäftigst. Das Verfahren zählt nämlich zu den sogenannten Bewertungsvereinfachungsverfahren und erleichtert dem Unternehmen das Aufstellen der Bilanz, genauer die Bewertung der Lagerbestände am Ende des Geschäftsjahres.

Weitere Verfahren der Bestandsbewertung

Weitere Varianten der sogenannten Bewertungsvereinfachungsverfahren habe ich für Dich in weiteren Artikeln beschrieben. Schau bei Bedarf einfach mal rein:

Wie kann man sich das genau vorstellen?

Eigentlich ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass für eine Bilanz jeder Vermögensgegenstand einzeln erfasst und bewertet werden muss (§ 252 I Nr.3 HGB) – also muss theoretisch vom Lkw über einzelne Bauteile bis hin zur kleinsten Schraube alles separat analysiert werden.

Da es aber bei manchen Gegenständen mit sehr großem Aufwand verbunden wäre, diese Anforderung der Bestandsbewertung einzuhalten (z.B. Rohstoffe wie Schrauben, Heizöl, Holzbretter etc.), gibt es einige Vereinfachungen, die gesetzlich zugelassen sind. Dann können gleiche Gegenstände zu einer Gruppe zusammengefasst werden und man bestimmt nur einmal grob den Wert aller Gegenstände. Das erspart den Unternehmen einiges an Arbeit – daher auch die (etwas sperrige) Bezeichnung „Bewertungsvereinfachungsverfahren“.

Interessant wird es immer dann, wenn man im Laufe des Geschäftsjahres mehrere Lieferungen des gleichen Gegenstands bekommt und jeweils unterschiedliche Stückpreise zahlen muss (z.B. bei saisonalen Preisschwankungen). Dann sind plötzlich Gegenstände im Lager, die grundsätzlich identisch sind (z.B. Heizöl), aber zu unterschiedlichen Preisen gekauft wurden. Wie soll man am Ende des Jahres herausfinden, ob noch die günstigeren oder die teureren Vorräte im Lager sind?

Genau dann kommt FIFO zum Einsatz: Mit Hilfe dieser Regeln lässt sich bestimmen, welche der unterschiedlich wertvollen Gegenstände noch im Lager liegen und welche im Laufe des Jahres verbraucht wurden. Lass uns einen genaueren Blick auf das Verfahren werfen. Anhand eines konkreten Beispiels wird das Vorgehen viel verständlicher.

Die grundsätzliche Logik des FIFO-Verfahrens

Die FIFO-Methode ist inhaltlich genau das Gegenteil des LIFO-Verfahrens, die Rechnung ist allerdings sehr ähnlich. FIFO steht für „First in, first out“. Es wird also angenommen, dass erst die Vorräte verbraucht werden, die schon am längsten im Lager liegen.

Ein typischer Anwendungsfall dafür ist die Lebensmittelbranche, die oft Vorräte lagert, die verderblich sind. Dort ist es sinnvoll, erst diejenigen Waren zu verbrauchen, die schon älter sind und deren Haltbarkeitsdatum bald erreicht ist. Entsprechend finden sich am Ende des Jahres nur noch diejenigen Vorräte im Lager, die gerade erst gekauft wurden. Die älteren wurden nach unserer Logik ja bereits verbraucht.

Hier siehst Du nochmal, wie das FIFO-Verfahren funktioniert. Der dunkelgrüne Anfangsbestand wird durch einen hellgrünen Zugang ergänzt. Wenn anschließend Waren aus dem Lager genommen werden, verringert sich zuerst der Anfangsbestand. Die neueste Lieferung wird noch nicht genutzt.
Hier siehst Du nochmal, wie das FIFO-Verfahren funktioniert. Der dunkelgrüne Anfangsbestand wird durch einen hellgrünen Zugang ergänzt. Wenn anschließend Waren aus dem Lager genommen werden, verringert sich zuerst der Anfangsbestand. Die neueste Lieferung wird noch nicht genutzt.

Was bedeutet das für unseren Restbestand am Ende des Jahres?

Wenn wir der FIFO Logik folgen, liegen Ende des Jahres nur noch Waren im Lager, die aus den neuesten Lieferungen stammen. Die älteren Bestände wurden schon verbraucht. Für die Berechnung nach dem FIFO Verfahren nutzen wir daher folgende zwei Schritte:

  • Wir schauen, wie groß unser Restbestand ist (Stückzahl).
  • Dann prüfen wir, aus welchen Lieferungen (nämlich den neusten) diese Waren stammen.

FIFO-Verfahren: Rechenbeispiel mit Lösung

Wie Du mit der FIFO-Methode genau rechnest, zeige ich Dir an einem kurzen Beispiel. Dafür habe ich drei Varianten vorbereitet (eine leichte, eine mittelschwere und eine komplexe). Such Dir einfach das Beispiel heraus, das Du Dir zutraust. Der grundsätzliche Rechenweg ist bei allen identisch. Unterschiedlich sind nur der Umfang der Zahlen und die Komplexität der Rechnung.

Die Ausgangssituation in unserem Beispiel ist folgende: Wir verwalten ein Lager, in dem Bretter gelagert werden, die wir später zur Möbelproduktion nutzen. Am Anfang des Jahres liegen 400 Stück im Lager, im März kaufen wir 600 Stück dazu und können im Oktober 800 Bretter verwenden.

In einer Tabelle sehen diese Daten folgendermaßen aus (ergänzt um die jeweiligen Einkaufspreise):

[table id=01-004-001 /]

Nun müssen wir unsere beiden Schritte durchgehen: erst den Restbestand ermitteln und anschließend diesen Bestand bewerten.

Schritt 1: Restbestand ermitteln

Mit anderen Worten: Wie viele Bretter haben wir am Ende des Jahres noch im Lager? Dazu nehmen wir den Anfangsbestand, addieren alle Zugänge (in diesem Fall nur einen) und subtrahieren alle Abgänge (auch das ist erstmal nur einer). Für unser Beispiel rechnen wir also folgendes:

Restbestand = Anfangsbestand + Zugänge – Abgänge

Restbestand = 400 + 600 – 800 = 200

Ergebnis: Wir haben noch 200 Bretter im Lager.

Schritt 2: Bewertung des Restbestands 

Nun geht es an die Bewertung dieser 200 Bretter. Wenn wir uns in der Tabelle die Einzelpreise der beiden Lieferungen ansehen, stellen wir folgendes fest: Ein Teil der Bretter hat 5 Euro pro Stück gekostet, andere wiederum nur 4 Euro pro Stück. Mit dem FIFO Verfahren können wir nun bestimmen, ob unser Restbestand einen Wert von 4 Euro pro Stück, 5 Euro pro Stück oder teils-teils hat.

Da wir angenommen haben, dass die ältesten Vorräte zuerst verbraucht werden, müssen folglich noch die jüngsten Vorräte aus den aktuellsten Lieferungen im Lager liegen. In unserem Fall ist der aktuellste Zugang in Zeile 3 zu finden. Zu diesem Zeitpunkt sind 600 neue Bretter angekommen, unser Restbestand liegt bei 200 Brettern.

Wir können also davon ausgehen, dass die 200 übrig gebliebenen Bretter komplett aus der Lieferung in Zeile 3 stammen und entsprechend 4 Euro als Stückpreis ansetzen. Für den Wert des Restbestands bedeutet das:

Wert des Restbestands = 200 Stück • 4 Euro pro Stück = 800 Euro

Ergebnis: Nach dem FIFO-Verfahren haben wir einen Restbestand im Wert von 800 Euro.

Einfaches Beispiel zur FIFO-Methode

So setzt sich der Restbestand zusammen: Insgesamt lagen 1000 Stück im Lager, verbraucht wurden die 800 ältesten Bretter, 200 Stück aus der neuesten Lieferung liegen noch im Lager.

Zum Vergleich: Nach der LIFO Methode würden wir unseren Lagerbestand mit 1000 Euro bewerten. (Hier geht’s zur Rechnung) Die Differenz von 200 Euro ergibt sich daraus, dass wir beim LIFO-Verfahren davon ausgehen müssen, dass der Restbestand aus dem Anfangsbestand stammt (5 Euro pro Stück). Beim FIFO-Verfahren nehmen wir hingegen an, dass der Restbestand aus dem Zugang in Zeile 3 stammt (4 Euro pro Stück).

Zwei ergänzende Sonderfälle („Restbestand ist größer als die letzte Lieferung“ und „Mehrere Zugänge und mehrere Abgänge“) findest Du im mittleren und schwierigen Beispiel. Sie basieren auf einem ähnlichen Rechenbeispiel, sodass Du gut vergleichen kannst.

Die Ausgangssituation in unserem Beispiel ist folgende: Wir verwalten ein Lager, in dem Bretter gelagert werden, die wir später zur Möbelproduktion nutzen. Am Anfang des Jahres liegen 600 Stück im Lager, später gibt es zwei Zugänge und zwei Abgänge. Die entsprechende Tabelle inklusive der Einkaufspreise sieht so aus:

[table id=01-004-002 /]

Nun müssen wir unsere beiden Schritte durchgehen: erst den Restbestand ermitteln und anschließend diesen Bestand bewerten.

Schritt 1: Restbestand ermitteln

Mit anderen Worten: Wie viele Bretter haben wir am Ende des Jahres noch im Lager? Dazu nehmen wir den Anfangsbestand, addieren alle Zugänge und subtrahieren alle Abgänge. Für unser Beispiel rechnen wir also folgendes:

Restbestand = Anfangsbestand + Zugänge – Abgänge

Restbestand = 600 + 400 + 200 – 500 – 400 = 300

Ergebnis: Wir haben noch 300 Bretter im Lager.

Schritt 2: Bewertung des Restbestands

Nun geht es an die Bewertung dieser 300 Bretter. Wenn wir uns in der Tabelle die Einzelpreise der beiden Zugänge und des Anfangsbestands ansehen, stellen wir folgendes fest: Ein Teil der Bretter hat 3 Euro pro Stück gekostet, andere wiederum 5 Euro pro Stück und bei der letzten Lieferung waren es gar 7 Euro pro Stück. Mit dem FIFO Verfahren können wir nun bestimmen, ob unser Restbestand einen Wert von 3 Euro pro Stück, 5 Euro pro Stück, 7 Euro pro Stück oder einer Mischung der Einkaufspreise hat.

Da wir bei der Anwendung des FIFO-Verfahrens annehmen, dass die ältesten Vorräte zuerst verbraucht werden, müssen folglich noch die jüngsten Vorräte aus den aktuellsten Lieferungen im Lager liegen. Das Vorgehen ist also genau umgekehrt zum LIFO Verfahren.

In unserem Fall ist der aktuellste Zugang in Zeile 5 der Tabelle zu finden. Zu diesem Zeitpunkt sind 200 neue Bretter angekommen, unser Restbestand liegt bei 300 Brettern. Wir können also davon ausgehen, dass die 200 Bretter für 7 Euro pro Stück noch komplett im Lager liegen.

Trotzdem bleiben noch 100 Bretter des Restbestands, die bewertet werden müssen. Dazu nehmen wir nun den zweitjüngsten Zugang, zu finden in der Zeile 3 der Tabelle. Dort sind 400 Bretter für jeweils 5 Euro angekommen, von denen wir 100 Stück unserem Restbestand zuordnen können.

Unser Restbestand setzt sich also aus Brettern zusammen, die aus zwei Lieferungen mit jeweils unterschiedlichen Einkaufspreisen stammen. Wir nehmen für die Bewertung folgendes:

200 × 7 Euro = 1400 Euro (aus Zeile 5)

100 × 5 Euro = 500 Euro (aus Zeile 3)

Unser gesamter Restbestand hat damit einen Wert von:

1400 + 500 = 1900 Euro

Ergebnis: Nach dem FIFO-Verfahren haben wir einen Restbestand im Wert von 1900 Euro.

FIFO-Verfahren: Lagerverlauf

Hier siehst Du nochmal den Lagerverlauf: Die Zugänge werden oben ins Lager gelegt, die Abgänge machen sich „von unten“ bemerkbar, weil erst die ältesten Bestände genutzt werden.

Zum Vergleich: Auf Basis des LIFO-Verfahrens hätten wir einen Gesamtwert von nur 900 Euro errechnet (Hier geht’s zur Rechnung). Dort werden die übrig gebliebenen Bretter komplett dem (recht günstigen) Anfangsbestand zugeordnet. Du siehst: Die Verfahren können einen sehr großen Einfluss auf die Bewertung des Restbestands haben.

Noch komplexer wird die Aufgabe im schwierigen Beispiel. Dort kannst Du das Verfahren nochmal verinnerlichen. Es basiert auf einem ähnlichen Rechenbeispiel, sodass sich die Lösungen gut nachvollziehen lassen.

Die Ausgangssituation unseres Beispiels ist folgende: In unserem Lager befinden sich Holzbretter, die wir später in die Produktion von Möbeln einbringen wollen. Unser Anfangsbestand liegt bei 600 Stück, im Laufe des Jahres ergeben sich mehrere Zu- und Abgänge, die Du in dieser Tabelle siehst:

[table id=01-004-003 /]

Nun müssen wir unsere beiden Schritte durchgehen: erst den Restbestand ermitteln und anschließend diesen Bestand bewerten.

Schritt 1: Restbestand ermitteln

Mit anderen Worten: Wie viele Bretter haben wir am Ende des Jahres noch im Lager? Dazu nehmen wir den Anfangsbestand, addieren alle Zugänge und subtrahieren alle Abgänge. Für unser Beispiel rechnen wir also folgendes:

Restbestand = Anfangsbestand + Zugänge – Abgänge

Restbestand = 600 + 120 + 700 + 350 – 50 – 180 – 500 – 100 – 75 = 865

Ergebnis: Wir haben noch 865 Bretter im Lager.

Schritt 2: Bewertung des Restbestands

Diese 865 Bretter müssen nun bewertet werden. Laut FIFO-Verfahren werden die ältesten Vorräte zuerst verbraucht, sodass wir davon ausgehen können, dass die jüngsten Vorräte noch im Lager zu finden sind. Daher gehen wir die Zugänge rückwärts durch (genau umgekehrt zum LIFO-Verfahren) und prüfen, wie wir den Restbestand damit abdecken können. Unser Restbestand setzt sich also wie folgt zusammen:

350 Stück zu 4 Euro (Zugang in Zeile 8 der Tabelle)

515 Stück zu 2,80 Euro (Zugang in Zeile 6 der Tabelle)

Für die Bewertung ergibt sich daraus:

350 × 4 Euro + 515 × 2,80 Euro = 2842 Euro

Ergebnis: Nach dem FIFO-Verfahren hat unser Lagerbestand einen Wert von 2842 Euro.

Zum Vergleich: Das LIFO-Verfahren ergibt für dasselbe Beispiel einen Lagerwert von 3070 Euro (siehe hier). Die Differenz erklärt sich durch die unterschiedlichen Zugänge (inkl. Anfangsbestand), die als Grundlage für die Bewertung verwendet wurden.

Hier sind die Schritte des FIFO-Verfahrens im Überblick:

  1. Restbestand ermitteln, indem ausgehend vom Anfangsbestand alle Zugänge addiert und anschließend alle Abgänge subtrahiert werden.
  2. Bewertung des Restbestands, wobei als erste Grundlage der jüngste Zugang genutzt wird. Sollte der Restbestand den Umfang dieses Zugangs übersteigen, wird der zweitjüngste hinzugezogen, ggf. der drittjüngste und so weiter.

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