Klassiker der Investitionsrechnung: Wie berechnet man den Kapitalwert?

Kaum eine Kennzahl aus der Investitionsrechnung ist in IHK-Prüfungen so präsent wie der Kapitalwert. Der Wert muss nicht nur in vielen Aufgaben berechnet und bewertet werden, sondern er bildet darüber hinaus die Basis für einige andere Rechenmethoden (v.a. Annuitätenmethode und interner Zinsfuß).

Wer den IHK-Wirtschaftsfachwirt erfolgreich abschließen möchte, wird daran nicht vorbeikommen. Deshalb zeige ich dir in diesem Erklärtext die wichtigsten Grundlagen und Rechenschritte rund um die Kapitalwertmethode.

Basisdefinition: Was ist der Kapitalwert?

Allgemein gesprochen dient die Kapitalwertmethode dazu, eine geplante Investition und ihren Nutzen zu beurteilen. Wenn ein Unternehmer beispielsweise eine neue Maschine kaufen muss oder sein Geld in ein konkretes Projekt investieren möchte, kann er anhand der erwartbaren Kosten und Einnahmen bereits im Vorfeld bewerten, ob sich sein Vorhaben finanziell lohnen wird.

Dabei setzt die Methode auf das Prinzip des Aufzinsens und Abzinsens, das du dir in diesem Erklärtext genauer anschauen kannst. Der Kapitalwert ist nichts anderes als die Summe aller auf den heutigen Tag abgezinsten Zahlungsströme, also sowohl der Einzahlungen als auch der Auszahlungen. Bei der Rechnung, die wir gleich an einem Beispiel durchführen werden, ergibt sich also stets ein Geldbetrag.

Aufgrund dieser Vorgehensweise lässt sich die Kapitalwertmethode in den Bereich der dynamischen Investitionsrechnung einsortieren, da die jeweiligen Zeitpunkte der Zahlungsströme berücksichtigt werden. In genau diesem Aspekt unterscheidet sich die dynamische von der statischen Investitionsrechnung.

Wie ist der Kapitalwert zu beurteilen?

Um die Kapitalwertmethode sinnvoll anzuwenden, muss man den Wert nicht nur ausrechnen, sondern auch bewerten können. Dabei kann das Ergebnis in drei verschiedene Bereiche fallen, die folgendermaßen zu beurteilen sind:

  • Kapitalwert > 0:
    Ist der Kapitalwert einer Investition größer als Null ist, dann ist das Projekt als finanziell vorteilhaft einzustufen. Es wird ein Überschuss in Höhe des Kapitalwerts erwirtschaftet.
  • Kapitalwert < 0:
    Ist das Ergebnis negativ und damit kleiner als Null, sollte die Investition nicht durchgeführt werden. Aus finanzieller Sicht handelt es sich um ein Verlustgeschäft.
  • Kapitalwert = 0:
    Im relativ seltenen Fall, dass der Kapitalwert einen Wert von exakt Null annimmt, ist es wirtschaftlich egal, ob man die Investition durchführt oder nicht. Es werden weder Verluste gemacht noch Gewinne erzielt.

Darüber hinaus gilt: Je größer der Kapitalwert, desto besser die Investition.

Rechenbeispiel: Kapitalwert mit Tabelle ermitteln

Lass uns zur Veranschaulichung ein klassisches Rechenbeispiel anschauen. Eine Investition mit der folgenden Zahlungsreihe soll mit Hilfe der Kapitalwertmethode beurteilt werden:

[table id=178 /]

Für die Rechnung soll außerdem ein Kalkulationszinssatz von 5 Prozent angenommen werden.

Wie hoch ist der Kapitalwert dieser Zahlungsreihe?

Zur Erinnerung: Die Aufgabe besteht darin, alle Zahlungsströme (Einzahlungen und Auszahlungen) auf den heutigen Tag abzuzinsen. Der heutige Tag ist gleichbedeutend mit Periode 0. Das bedeutet, dass wir für jede Periode jeweils den Abzinsungsfaktor ermitteln müssen, um anschließend die einzelnen Zahlungen abzuzinsen und am Ende zu summieren.

Wenn man eine Zahlung auf die Periode 0 abzinst, nennt man dies den Barwert. Wir berechnen also die Barwerte aller Zahlungen.

Da in den IHK-Prüfungen für die Berechnung häufig eine detaillierte Tabelle erwartet wird, nutzen wir exakt diese Methode. Die Basis ist folgende Übersicht, die wir schrittweise ergänzen:

[table id=179 /]

Als erstes tragen wir die Ein- und Auszahlungen aus der Aufgabenstellung als Zeitwerte ein:

[table id=180 /]

Anschließend müssen wir für alle Perioden den passenden Abzinsungsfaktor ermitteln. Für die Periode 0 muss der Faktor = 1 sein, weil dort gar nicht abgezinst wird. Die -100.000 € bleiben also für die spätere Summierung erhalten.

Für die anderen Zeilen brauchen wir die Formel für den Abzinsungsfaktor, die sich auch in der IHK-Formelsammlung findet, die du in der Prüfung verwenden darfst. Sie lässt sich in drei Varianten darstellen, die mathematisch alle identisch sind:

\(Abzinsungsfaktor = \frac{1}{(1+i)^n}\)

oder

\(Abzinsungsfaktor = \frac{1}{q^n}\)

oder

\(Abzinsungsfaktor = q^\text{-n}\)

Dabei steht das i für den Kalkulationszinssatz in der Dezimalform (in unserem Fall: 0,05), das q steht für den Kalkulationszinssatz plus 1 (in unserem Fall: 1 + 0,05 = 1,05) und das n steht für die Anzahl der Perioden, die abgezinst wird (in unserem Fall: 1, 2 und 3).

Für unsere Abzinsungsfaktoren ermitteln wir also folgende Werte:

\(\text{Abzinsungsfaktor (Periode 1)} = \frac{1}{(1+0,05)^1}=0,952381\) \(\text{Abzinsungsfaktor (Periode 2)} = \frac{1}{(1+0,05)^2}=0,907029\) \(\text{Abzinsungsfaktor (Periode 3)} = \frac{1}{(1+0,05)^3}=0,863838\)

Alternativ findet sich in der IHK-Formelsammlung übrigens eine ausführliche Tabelle mit den Abzinsungsfaktoren verschiedener Kombinationen aus i und n. Dann musst du den Wert nicht ausrechnen, sondern kannst ihn einfach ablesen.

Mit den Abzinsungsfaktoren lässt sich unsere Tabelle dann so ergänzen:

[table id=181 /]

Anschließend multiplizieren wir jeweils den Zeitwert mit dem Abzinsungsfaktor und erhalten den Barwert:

[table id=182 /]

Der Kapitalwert, abgekürzt C0, entspricht schließlich der Summe der vier Barwerte:

C0 = -100.000 + 23.809,53 + 27.210,87 + 51.830,28 = 2850,68 €

Der Kapitalwert ist in unserem Beispiel also größer als Null, sprich positiv. Das bedeutet, die Investition ist aus finanzieller Sicht vorteilhaft.

Rechenbeispiel: Die komplette Formel für den Kapitalwert

Wenn du den Kapitalwert direkt berechnen möchtest und die einzelnen Barwerte nicht benötigst, kannst du die Tabelle aus der vorherigen Rechnung zu einer Formel zusammenfassen. Sie findet sich ebenfalls in der IHK-Formelsammlung und lautet in allgemeiner Form:

\(C_0 = -I_0 + \frac{e_1 - a_1}{q^1} + \frac{e_2 - a_2}{q^2} + \text{...} + \frac{e_n - a_n}{q^n}\)

Das sieht auf den ersten Blick etwas kompliziert aus, ist in der Praxis aber deutlich einfacher. Mit der Formel rechnest du folgendes:

Am Anfang stehen die Anzahlungskosten in Höhe von I0, die negativ auf den Kapitalwert wirken. Die Brüche dahinter stehen immer für die jeweiligen Ein- und Auszahlungen einer Periode (en – an), die mit dem jeweils passenden qn abgezinst werden.

q ist innerhalb einer Aufgabe immer identisch, das n ist in Periode 1 gleich 1, in Periode 2 gleich 2 und so weiter. In der letzten Periode solltest du noch beachten, dass auch ein möglicher Restwert als Einzahlung zählt.

Du gehst also gedanklich alle Perioden durch, beginnend bei Jahr 0 bis zum Ende der Investition. Für jedes Jahr notierst du die Zahlungsüberschüsse (auf dem Bruchstrich) und zinst sie um den Wert für die jeweilige Periode ab (unter dem Bruchstrich).

In unserem Beispiel haben wir neben dem Kalkulationszinssatz von 5 % (also i = 0,05 und q = 1,05) die folgende Zahlungsreihe: -100.000 €, 25.000 €, 30.000 €, 60.000 €

Diese Zahlen setzen wir direkt in die Basisformel ein:

\(C_0 = -100.000 \text{ €} + \frac{25.000 \text{ €}}{1,05^1} + \frac{30.000 \text{ €}}{1,05^2} + \frac{60.000 \text{ €}}{1,05^3} = 2850,66 \text{ €}\)

Wie du siehst, erhalten wir dasselbe Ergebnis wie bei der ausführlichen Variante – abgesehen von einer kleiner Rundungsdifferenz.

Jetzt bist du an der Reihe: Wenn du die Kapitalwertmethode direkt anwenden möchtest, dann findest du hier eine kostenlose Übungsaufgabe.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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