Auf den Punkt gebracht: Was ist ein vollkommener Markt?

Wer sich nur kurz mit der Volkswirtschaftslehre beschäftigt, wird schnell auf drei zentrale Faktoren stoßen, die immer wieder thematisiert werden: Angebot, Nachfrage und Preis. Ihre Zusammenhänge untereinander bilden die Basis der meisten gesamtwirtschaftlichen Ideen und Überlegungen. Dabei gilt grundsätzlich:

  • Steigt der Preis, dann sinkt die Nachfrage und das Angebot erhöht sich.
  • Sinkt der Preis, dann erhöht sich die Nachfrage und das Angebot wird kleiner.

Abgebildet werden diese Grundsätze in der Regel im sogenannten Preis-Mengen-Diagramm, dem du wahrscheinlich schon mal begegnet bist:

Das Wichtige an diesem Diagramm (und jetzt kommt der vollkommene Markt ins Spiel) ist die theoretische Basis. Die dargestellten Zusammenhänge treten in ihrer reinen Form nur dann auf, wenn eine Reihe von Annahmen erfüllt sind: Und zwar die Annahmen eines vollkommenen Markts, die wir uns gleich genauer anschauen werden. Zuvor solltest du dir merken:

Der vollkommene Markt bildet die Grundlage für das Preis-Mengen-Diagramm und folglich auch für nahezu alle volkswirtschaftlichen Theorien.

Die Merkmale des vollkommenen Markts

Damit ein Markt als vollkommen bezeichnet werden kann, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Sie werden in der Realität zwar selten auftreten, für die Theorie der Volkswirtschaft sind sie aber unverzichtbar. Die zentralen Annahmen auf dem vollkommenen Markt lauten:

Die Marktform ist ein Polypol

Auf dem Markt stehen sich viele Anbieter und viele Nachfrager gegenüber; es handelt sich also um ein sogenanntes Polypol. Ist dieses Gleichgewicht nicht gegeben, verschieben sich die Machtverhältnisse zwischen Angebot und Nachfrage, sodass der Preismechanismus nicht wie oben gezeigt funktionieren kann.

Es werden homogene Güter angeboten

Es werden ausschließlich Produkte gehandelt, die in allen Belangen völlig identisch sind. Sie weisen die gleiche Qualität auf und zeigen keine Unterschiede im Design, bei der Verpackung oder bei sonstigen Faktoren.

Die Nachfrager handeln rational

Die Nachfrager auf einem vollkommenen Markt entscheiden stets rational und lassen sich nicht durch vermeintliche Nebensächlichkeiten beeinflussen. Das drückt sich in Form von drei Präferenzarten aus, die annahmegemäß keiner der Marktteilnehmer aufweist:

  • Keine zeitliche Präferenz
    Es wird angenommen, dass alle Waren sofort geliefert und sofort vom Käufer angenommen werden. Folglich existieren keine Unterschiede durch Lieferfristen oder andere zeitliche Faktoren.
  • Keine örtliche Präferenz
    Für die Nachfrager spielt es keine Rolle, wo sie die Ware kaufen. Standortvorteile sind im Modell des vollkommenen Marktes nicht zulässig.
  • Keine persönliche Präferenz
    Auch individuelle Präferenzen existieren auf dem vollkommenen Markt nicht. Ein Nachfrager entscheidet also niemals anhand von Parametern wie Markenbeliebtheit, Freundlichkeit der Verkäufer oder ähnlichem.

Es herrscht vollständige Transparenz

Jeder Marktteilnehmer, sowohl Anbieter als auch Nachfrager, hat ein umfassendes Wissen über die Aktivitäten und vor allem die Preise aller Anbieter. Sie können die Kosten optimal vergleichen und jederzeit auf Preisänderungen reagieren.

Der Marktzutritt ist frei

Die Teilnahme auf dem vollkommenen Markt ist jederzeit und für jeden möglich. Sowohl neue Anbieter als auch Nachfrager können jederzeit in den Markt eintreten. Typische Hindernisse, etwa begrenzte Lizenzen oder hohe Anfangsinvestitionen, werden im Modell nicht berücksichtigt.

Der Staat greift nicht ein

Ein vollkommener Markt reguliert sich grundsätzlich selbst durch den Preismechanismus. Jegliche Art von Eingriffen durch den Staat oder andere Institutionen sind nicht zulässig.

Alle Teilnehmer reagieren sofort

Wenn Änderungen auf dem Markt auftreten (z.B. neue Preise oder Anpassungen der Zahl an Marktteilnehmern), können alle anderen Akteure sofort und ohne Verzögerung reagieren.

Wie realistisch ist ein vollkommener Markt?

Wie dir wahrscheinlich beim Lesen aufgefallen ist, müssen die meisten der genannten Merkmale als ziemlich unrealistisch eingestuft werden. Das zeigt bereits ein kurzer, kritischer Blick:

Beispiel Nr. 1

Vollständige Transparenz und Wissen ist ohne unzumutbaren Aufwand gar nicht möglich. Das kannst du dir bereits am einfachen Beispiel von Supermärkten vor Augen führen. Dort kannst du zwar grundsätzlich Preise vergleichen, aber von allen Läden zu jeder Zeit alle exakten Preise zu kennen, ist mehr als unwahrscheinlich.

Beispiel Nr. 2

Auch die Annahme des homogenen Guts muss in der Praxis in Frage gestellt werden. Dass nicht alle Produkte immer die gleiche Qualität aufweisen, sollte unstrittig sein.

Beispiel Nr. 3

Jeder Mensch entscheidet anhand von persönlichen Präferenzen: Man kauft lieber bei Läden in der Nähe ein, man besucht meist die gleichen Modegeschäfte und man bestellt seine Produkte häufig dort, wo die Lieferzeit am kürzesten ist. All diese Faktoren sind auf einem vollkommenen Markt nicht zulässig.

Obwohl man diese Liste an Einwänden beliebig fortsetzen könnte, ist der vollkommene Markt in der Volkswirtschaftslehre längst Standard. Aber beachte bitte: Es handelt sich um ein Modell und Modelle bringen immer gewisse Einschränkungen und Kritikpunkte mit sich.

Für die Abschlussprüfung (z. B. „Volks- und Betriebswirtschaft“ der Wirtschaftsbezogenen Qualifikationen) bedeutet das also:

Präge dir die Merkmale eines vollkommenen Marktes ein, aber sei dir stets über die Probleme des Modells im Klaren.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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