VWL-Basiswissen: Was ist das Magische Viereck?
Beim Lernen für den Prüfungsteil „Volkswirtschaftslehre“ stößt man immer wieder auf eine Reihe von Klassikern der VWL: der vollkommene Markt, das Preis-Mengen-Diagramm, der Konjunkturzyklus oder die verschiedenen Marktformen. Genauso unverzichtbar für diese Sammlung ist das sogenannte Magische Viereck.
Was genau hinter diesem Ansatz steckt, wirst du in diesem Erklärtext erfahren. Konkret schauen wir uns gemeinsam an:
- Was sind die vier Eckpunkte des Magischen Vierecks?
- Warum nennt man das Konzept magisch?
- Was steckt hinter der Erweiterung zum Magischen Sechseck?
Viel Spaß beim Lesen und Lernen!
Die Elemente des Magischen Vierecks
Seinen Ursprung hat das Magische Viereck in der deutschen Wirtschaftspolitik der 1960er Jahre. Damals, genauer gesagt im Jahr 1967, trat das sogenannte Stabilitäts- und Wachstumsgesetz in Kraft, das konkrete Oberziele für die staatliche Wirtschaftspolitik definiert. Konkret handelt es sich um folgende vier Eckpunkte, die grundsätzlich gleichrangig zu behandeln sind:
- Angemessenes, stetiges Wirtschaftswachstum
Zum einen wird eine positive, ökonomische Gesamtleistung angestrebt. Die Wirtschaft soll kontinuierlich in einem soliden Umfang wachsen und durch die Politik möglichst vor starken Krisen und Konjunkturflauten geschützt werden. Als Indikator für die Zielerreichung wird in der Regel das Bruttoinlandprodukt (kurz: BIP) bzw. dessen Entwicklung verwendet. - Stabiles Preisniveau
Gleichzeitig verfolgt die Politik das Ziel, dass die Preise über einen langen Zeitraum möglichst stabil bleiben und eine starke Inflation oder Deflation verhindert wird. Innerhalb der Europäischen Union wird dazu heute eine jährliche Preissteigerung von knapp 2 Prozent als anzustrebender Wert definiert. Der relevante Indikator ist folglich die Inflationsrate. - Hoher Beschäftigungsgrad
Darüber hinaus ist es wünschenswert, dass möglichst viele Menschen einer Beschäftigung nachgehen und die Arbeitslosigkeit entsprechend gering ausfällt. Als Indikator dient klassischerweise die Arbeitslosenrate. - Außenwirtschaftliches Gleichgewicht
Als viertes und letztes Ziel definiert das Gesetz ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht. Darunter ist ein ausgeglichenes Verhältnis der Importe und Exporte zu verstehen, wobei sowohl (physische) Güter als auch Dienstleistungen verrechnet werden. Erfasst werden die notwendigen Werte in der sogenannten Leistungsbilanz.
Trotz intensiver Diskussionen rund um die Inhalte des Stabilitätsgesetzes und aktuellerer Beschlüsse und Gesetze (v.a. auf europäischer Ebene) können die vier Ziele des Magischen Vierecks auch heute noch als grundsätzlich relevant für die Wirtschaftspolitik in Deutschland angesehen werden.
Warum gilt das Magische Viereck als magisch?
Die vier Ziele aus dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz haben den Zusatz „magisch“ nicht erhalten, weil sie besonders beeindruckend oder mysteriös sind. Der Grund ist deutlich banaler: Es ist schlicht unmöglich, alle definierten Ziele gleichzeitig zu erreichen. Ein solcher Erfolg wäre nur mit echter Magie zu schaffen.
Wenn man die Ziele nebeneinander betrachtet, wird deutlich, dass einige Absichten miteinander harmonieren, während andere gegeneinander arbeiten. Zu den wichtigsten Zielkonflikten gehören:
- Stabiles Preisniveau und Wirtschaftswachstum
Ein stetiges, starkes Wirtschaftswachstum lässt sich nicht ohne eine Erhöhung der Preise erreichen. Durch die ökonomischen Erfolge ist automatisch mehr Geld im Umlauf (unternehmerische Gewinne und Einkommen der Haushalte), sodass die Konsumnachfrage wächst. Wie das Preis-Mengen-Diagramm zeigt, führt die erhöhte Nachfrage unmittelbar zu höheren Preisen, sprich zu einer Inflation. - Stabiles Preisniveau und hoher Beschäftigungsgrad
Eng mit dem ersten Punkt verknüpft ist der Konflikt zwischen dem stabilen Preisniveau und einer hohen Beschäftigung. Mehr Menschen in bezahlten Arbeitsverhältnissen bringt stets mehr Kaufkraft und folglich Nachfrage mit sich. Wie oben erläutert, steigen dann die Preise. - Wirtschaftswachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht
Auch wenn sich dieser Konflikt nicht zwangsläufig ergibt, lässt er sich für Deutschland gut darstellen. Als traditionell exportstarkes Land bringt wirtschaftliches Wachstum in der Regel auch einen Anstieg der Verkäufe ins Ausland mit sich. Folglich verschiebt sich das (ohnehin schon nicht vorhandene) Gleichgewicht zwischen Importen und Exporten.
Ist das Magische Viereck der Weisheit letzter Schluss?
Seit der Verabschiedung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes wurde das Magische Viereck immer wieder intensiv diskutiert, kritisiert und um unterschiedliche Aspekte ergänzt. Auf alle Argumente und Entwicklungen einzugehen, würde an dieser Stelle zu weit gehen (und ist für den Wirtschaftsfachwirt (IHK) gar nicht notwendig), daher möchte ich dir nur das Magische Sechseck kurz vorstellen.
Dieses Modell behält die vier ursprünglichen Ziele zwar bei, erweitert das Zielkonstrukt aber um zwei qualitative Aspekte, denen heutzutage zunehmend mehr Bedeutung zukommt. Einerseits soll die Politik mit ihren Maßnahmen eine gerechte Verteilung des Einkommens und der Vermögenswerte anstreben. Die Wirtschaft soll also nicht nur wachsen, sondern der Erfolg soll allen Bürgern zugutekommen.
Andererseits hebt das Magische Sechseck die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz hervor. Sie stellen gemeinsam den sechsten und letzten Pfeiler dar, der in der Wirtschaftspolitik zu berücksichtigen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass die ökonomischen Erfolge nicht zu Lasten späterer Generationen gehen.
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