Schritt für Schritt: So funktioniert die Äquivalenzziffernkalkulation

Nur wenige Unternehmen produzieren ausschließlich ein einzelnes Produkt. Oftmals werden mehrere Artikel hergestellt oder ein Produkt wird in unterschiedlichen Sorten angeboten (z. B. verschiedene Größen, Farben oder Materialien). In solchen Fällen steht die Kostenrechnung vor der Aufgabe, die angefallenen Gesamtkosten wirtschaftlich sinnvoll auf alle Produkte bzw. Sorten zu verteilen.

Für diese Herausforderung kann unter gewissen Bedingungen die Äquivalenzziffernkalkulation genutzt werden. Das Verfahren vereinfacht die Aufteilung der Kosten, ohne dabei an Genauigkeit zu verlieren.

Wie das Verfahren funktioniert und welche Informationen es liefert, erfährst du in diesem Erklärtext anhand einer Schritt-für-Schritt-Anleitung. Zum besseren Verständnis nutzen wir zudem ein konkretes Rechenbeispiel.

In welchen IHK-Weiterbildungen wird das Verfahren verlangt?

Wenn Du einen IHK-Fachwirt ablegen möchtest, der den Teilbereich „Wirtschaftsbezogene Qualifikationen“ umfasst, dann kann dir die Äquivalenzziffernkalkulation in der Prüfung begegnen. Konkret ist sie ein Teil des Qualifikationsbereichs „Rechnungswesen“.

Die Wirtschaftsbezogenen Qualifikationen sind unter anderem für den Wirtschaftsfachwirt (IHK), den Industriefachwirt (IHK) oder den Küchenmeister (IHK) relevant.

Voraussetzungen der Äquivalenzziffernkalkulation

Um die Äquivalenzziffernkalkulation sinnvoll zu nutzen, muss das Unternehmen zwei konkrete Voraussetzungen erfüllen:

  • Es werden mehrere Produkte oder Sorten eines Produktes hergestellt.
  • Die einzelnen Produkte bzw. Sorten lassen sich anhand eines konkret messbaren Faktors zueinander ins Verhältnis setzen.

Insbesondere der zweite Aspekt ist das entscheidende Merkmal der Äquivalenzziffernkalkulation. Darunter kannst du dir die folgenden Beispiele vorstellen: Ein Unternehmen produziert und verkauft

  • Holzbretter aus identischem Material, aber in verschiedenen Längen (50 cm, 80 cm und 150 cm) oder Stärken (20 mm, 30 mm und 50 mm).
  • ein Getränk in unterschiedlich großen Flaschen (1 Liter, 1,5 Liter und 2 Liter)
  • Hundefutter in mehreren Packungsgrößen (2 Kilo, 5 Kilo und 10 Kilo)
  • Maschinenbauteile in unterschiedlichen Größen, Breiten oder Stärken

An dieser kleinen Liste siehst du bereits, dass die Möglichkeiten zahlreich und nahezu unbegrenzt sind. Der zentrale Aspekt ist dabei stets folgender:

Es gibt ein Standard- bzw. Einheitsprodukt (z. B. 1-Liter-Flasche, Brett mit 20 mm Stärke oder 2 Kilo-Paket Hundefutter) und die anderen Sorten können als das X-fache dieses Basisproduktes ausgedrückt werden.

Auf diese Weise erhalten die Produkte bzw. Sorten eine konkrete Gewichtung, an der sich auch die Kostenverteilung orientieren kann.

Ausgangslage für die Äquivalenzziffernkalkulation

Eine typische Ausgangssituation für die Äquivalenzziffernkalkulation (u.a. in den Fachwirt-Prüfungen der IHK) ist folgende:

Es wird ein Betrieb analysiert, von dem die verursachten Gesamtkosten und die Anzahl der produzierten Güter bekannt sind. Außerdem muss in gewisser Form ein Hinweis auf das Verhältnis der Sorten zueinander gegeben sein. Im Idealfall sind sogar schon die Äquivalenzziffern bekannt, aber davon würde ich nicht ausgehen.

In diesem Erklärtext gehen wir von folgendem Fall aus: Ein Unternehmen füllt kleine Bierfässer für private Partys in unterschiedlichen Größen ab. Im Untersuchungszeitraum wurden folgende Stückzahlen produziert:

  • 4-Liter-Fass: 15.000 Stück
  • 6-Liter-Fass: 18.500 Stück
  • 12-Liter-Fass: 23.000 Stück

Dabei wurden Gesamtkosten in Höhe von 290.550 € verursacht. Mit der Äquivalenzziffernkalkulation werden die Stückkosten der drei Fässer und die Gesamtkosten der drei Sorten gesucht. Dazu sind die folgenden Schritte notwendig:

Schritt 1: Äquivalenzziffern bestimmen

Für die Bestimmung der Äquivalenzziffern ist das Verhältnis der Sorten untereinander entscheidend. Die Werte drücken aus, mit welchem Faktor sich die einzelnen Produkte voneinander entscheiden. In unserem Beispielunternehmen handelt es sich also um die verschiedenen Fassgrößen.

Für die Berechnung wird zuerst ein sogenanntes Einheitsprodukt definiert, das die Basis der Äquivalenzziffern darstellt. Dazu erhält üblicherweise das Produkt mit der niedrigsten Bezugsgröße (in unserem Fall das 4-Liter-Fass) die Äquivalenzziffer 1 zugeteilt.

Um die Äquivalenzziffern der anderen Sorten zu berechnen, nutzt du die folgende Formel:

Äquivalenzziffer = Bezugsgröße des Produkts ÷ Bezugsgröße des Einheitsprodukts

Für das 6-Liter-Fass und das 12-Liter-Fass gilt also:

Äquivalenzziffer (6-Liter-Fass) = 6 Liter ÷ 4 Liter = 1,5

Äquivalenzziffer (12-Liter-Fass) = 12 Liter ÷ 4 Liter = 3

Rein praktisch bedeutet das: Das 6-Liter-Fass ist 1,5-mal so groß wie das 4-Liter-Fass, sodass ihm auch das 1,5-fache der Kosten zugerechnet wird. Für das 12-Liter-Fass gilt entsprechend: 3-fache Größe und 3-fache Kostenzuteilung.

Schritt 2: Anzahl der Recheneinheiten ermitteln

Mit Hilfe der Äquivalenzziffern kannst du im nächsten Schritt die sogenannten Recheneinheiten ermitteln. Eine Recheneinheit entspricht einem Produkt mit der Äquivalenzziffer 1. Ihre Summe ergibt die theoretische Produktionsmenge, die zustande gekommen wäre, wenn man statt der drei Sorten ausschließlich das Einheitsprodukt hergestellt hätte. Umgekehrt wird also einem Produkt mit höherer Äquivalenzziffer (6-Liter- und 12-Liter-Fass) mehr als eine Recheneinheit zugeordnet.

Die Menge der Recheneinheiten ermittelst du mit folgender Formel:

Recheneinheiten = Produktionsmenge ∙ Äquivalenzziffer

Für unsere drei Fassgrößen mit den Produktionsmengen aus der Aufgabenstellung bedeutet das:

Recheneinheiten (4-Liter-Fass) = 15.000 ∙ 1 = 15.000

Recheneinheiten (6-Liter-Fass) = 18.500 ∙ 1,5 = 27.750

Recheneinheiten (12-Liter-Fass) = 23.000 ∙ 3 = 69.000

In Summe wurden also 15.000 + 27.750 + 69.000 = 111.750 Recheneinheiten produziert.

Schritt 3: Kosten pro Recheneinheit bestimmen

Mit den Recheneinheiten haben wir uns den „Schlüssel“ geschaffen, um die Gesamtkosten sinnvoll auf die drei Produktvarianten zu verteilen. Dazu benötigen wir als nächstes die Kosten pro Recheneinheit. Sie ergeben sich aus der Gesamtzahl an Recheneinheiten (111.750) sowie den Gesamtkosten des Betriebs (290.550 €):

Kosten pro Recheneinheit = Gesamtkosten ÷ Summe der Recheneinheiten

Kosten pro Recheneinheit = 290.550 € ÷ 111.750 = 2,60 €

Für jede Recheneinheit fallen demnach Kosten von 2,60 € an, unabhängig von Produkt und Sorte.

Schritt 4: Stückkosten pro Sorte berechnen

Mit den Kosten pro Recheneinheit und den Äquivalenzziffern können wir nun die Kosten für die tatsächlichen Produkte ermitteln. Dazu werden die Kosten einer Recheneinheit mit der jeweiligen Äquivalenzziffer multipliziert, sodass in unserem Beispiel gilt:

Stückkosten pro Sorte = Kosten pro Recheneinheit ∙ Äquivalenzziffer

Stückkosten (4-Liter-Fass) = 2,60 € ∙ 1 = 2,60 €

Stückkosten (6-Liter-Fass) = 2,60 € ∙ 1,5 = 3,90 €

Stückkosten (12-Liter-Fass) = 2,60 € ∙ 3 = 7,80 €

An dieser Stelle erkennst du sehr schön, wie sich das Verhältnis der Sorten untereinander auf die Verteilung der Kosten auswirkt. Das 6-Liter-Fass entspricht dem 1,5-fachen des Einheitsprodukts (4-Liter-Fass); dementsprechend liegen auch die Stückkosten um den Faktor 1,5 über den Kosten eines kleinen Fasses.

Schritt 5: Gesamtkosten pro Sorte ermitteln

Da wir nun wissen, welche Kosten die Produktion eines einzelnen 4-Liter-, 6-Liter- und 12-Liter-Fasses verursacht, können wir die Kosten relativ simpel auf die Gesamtkosten pro Sorte hochrechnen. Dazu multiplizieren wir jeweils die Stückkosten mit der Produktionsmenge, also:

Gesamtkosten pro Sorte = Produktionsmenge pro Sorte ∙ Stückkosten pro Sorte

Gesamtkosten (4-Liter-Fass) = 15.000 ∙ 2,60 € = 39.000 €

Gesamtkosten (6-Liter-Fass) = 18.500 ∙ 3,90 € = 72.150 €

Gesamtkosten (12-Liter-Fass) = 23.000 ∙ 7,80 € = 179.400 €

Damit sind die Kosten verursachungsgerecht auf die verschiedenen Sorten des Produkts verteilt.

Möchtest du das Ergebnis kontrollieren, kannst du die Gesamtkosten aller Sorten summieren und solltest die anfangs vorgegebenen Gesamtkosten erhalten. In unserem Fall bedeutet das:

Gesamtkosten = 39.000 € + 72.150 € + 179.400 € = 290.550 €

Die Äquivalenzziffernkalkulation in der Übersicht

Lass uns am Ende nochmal einen zusammenfassenden Blick auf die wichtigsten Schritte der Äquivalenzziffernkalkulation werfen:

  • Ausgangslage: Mehrere Produktsorten, Gesamtkosten und Produktionsmengen bekannt
  • Schritt 1: Äquivalenzziffern bestimmen
  • Schritt 2: Anzahl der Recheneinheiten bestimmen
  • Schritt 3: Kosten pro Recheneinheit ermitteln
  • Schritt 4: Stückkosten pro Sorte berechnen
  • Schritt 5: Gesamtkosten pro Sorte berechnen

Am Ende kannst du dein Ergebnis nochmal kontrollieren, indem du die vorgegebenen Gesamtkosten mit dem von dir errechneten Wert vergleichst. Wenn sie übereinstimmen, hast du alles richtig gemacht.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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